Bundesliga Luftgewehr: Viele Veränderungen in den Teams
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Flinten-WM Athen: Zehn DSB-Athleten am Start
Ehrenamtliches Engagement ist der Schlüssel für die Zukunft
Ihre Stimme war brüchig, eine Erkältung machte Dr. Svenja Feiler zu schaffen. Doch die Botschaft, die die wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sportökonomie und Sportmanagement der Deutschen Sporthochschule Köln am Montagmittag auf dem ersten „Fachforum Ehrenamt und Engagement“ am Hauptsitz des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) in Frankfurt am Main überbrachte, war trotz des stimmlichen Handicaps unmissverständlich. Und sie war wichtig, weil sie die Begründung dafür lieferte, warum die Zukunft des ehrenamtlichen Engagements im Sport mit vereinten Kräften gestaltet werden muss.
In ihrem Impulsvortrag zum Auftakt eines inspirierenden Tages destillierte Svenja Feiler vor rund 60 Teilnehmenden aus Fachverbänden und Landessportbünden die wichtigsten Erkenntnisse aus dem jüngsten Sportentwicklungsbericht (SEB). Diese besagen, in stark verkürzter Fassung: Die Gewinnung und Bindung von Ehrenamtlichen ist für die rund 86.000 Vereine in Deutschland das größte Problem, das 17,5 Prozent der Befragten sogar für existenzbedrohend halten. Der Handlungsbedarf ist immens, die Zahlen sind in vielen Bereichen seit 2019 rückläufig. Auch deshalb hat der DOSB den Bereich Ehrenamt und Engagement in seinem Geschäftsbereich Sportentwicklung als Schwerpunktthema der kommenden Jahre identifiziert.
„Die Hardfacts der vier Konzepte stehen fest“
Ende Mai haben die vier Städte und Regionen Berlin, Hamburg, München und Rhein-Ruhr fristgerecht ihre Unterlagen für eine Bewerbung um Olympische und Paralympische Spiele eingereicht. Entsprechend des im April dieses Jahres vorgestellten und mit allen Bewerbern abgestimmten Drei-Stufen-Modells wurden die Konzepte anschließend in enger Zusammenarbeit mit den nationalen Bewerbern, den Olympischen Verbänden sowie dem Deutschen Behindertensportverband (DBS) weiterentwickelt.
Anschließend überprüfte der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) die optimierten Konzepte in sechs objektiv bewertbaren Bereichen mit insgesamt acht Unterkategorien auf die Erfüllung der operativen Mindestanforderungen für Olympische und Paralympische Spiele. Grundlage für die Mindestanforderungen waren entweder Vorgaben des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), der internationalen Spitzenverbände oder vom DOSB anhand vergangener und künftiger Spiele festgelegte Kriterien.
Nach Abschluss der Prüfung - insgesamt wurden in den vier Konzepten mehr als 160 Venues und 20 Alternativ-Sportstätten geprüft - konnte die Steuerungsgruppe Olympiabewerbung die Erfüllung der operativen Mindestanforderungen in allen vier Konzepten feststellen. Anschließend bestätigte das DOSB-Präsidium in seiner Sitzung am vergangenen Freitag die aus der Überprüfung resultierende Empfehlung der Steuerungsgruppe, alle vier Bewerber zum weiteren Prozess zuzulassen.
Lisas Literatur-Likes: Eine Trilogie, die großartige Plot-Twists bietet
Warum dieser Autor und dieses Buch?
Ich habe „Wenn Sie wüsste“ der US-Autorin Freida McFadden geschenkt bekommen. Ich lese gern Thriller, daher war dieser Spiegel-Bestseller ein passendes Geschenk. Angefixt von diesem Band wollte ich unbedingt wissen, wie die Geschichte von Millie Colloway weitergeht. So stand es außer Frage, dass ich auch die weiteren Bände der „The Housemaid“-Reihe - „Sie kann dich hören“ und „Sie wird dich finden“ - lesen werde.
Worum geht es?
Die Trilogie dreht sich um Millie Colloway, die wegen Totschlags eine Gefängnisstrafe absitzen musste und nun als Haushälterin tätig ist. Sie startet mit „Wenn Sie wüsste“. Millie baut sich nach ihrer verbüßten Haftstrafe eine neue Existenz auf und fängt als Haushälterin bei den Winchesters an. Ein sehr gut bezahlter Job, zudem darf sie bei ihnen im Haus wohnen. Mit Andrew, dem Hausherrn, kommt Millie gut zurecht. Er ist stets freundlich und zuvorkommend. Nina, die Hausherrin, hingegen ist unberechenbar. Mal ist sie super freundlich, im nächsten Augenblick hat sie einen riesigen Wutausbruch. Je mehr Millie in das Leben der Winchesters hineingezogen wird, desto gefährlicher wird es für sie. Am Ende ist alles ganz anders, als es scheint.
Auch im zweiten Teil „Sie kann dich hören“ arbeitet Millie als Haushälterin bei einem netten Paar. Die Frau bekommt sie zu Beginn ihrer Tätigkeit nicht zu Gesicht, da diese nach Aussage ihres Mannes gesundheitlich angeschlagen ist. Schnell wird Millie skeptisch und findet Anzeichen von Misshandlung und häuslicher Gewalt. Sie beschließt, der Frau aus den Fängen ihres Mannes zu helfen, und wird schlussendlich unter Mordverdacht stehend selbst verhaftet. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, um ihre Unschuld zu beweisen und die wahre Täter-Opfer-Rolle klarzustellen.
Der dritte Teil „Sie wird dich finden“ weicht etwas von den ersten beiden Teilen ab. Millie ist einige Jahre älter, mittlerweile verheiratet und hat zwei Kinder. Im Zentrum der Geschichte steht ihr Umzug aus der Bronx in ein neues Eigenheim auf Long Island. Das Haus ist wunderbar, aber mit ihrer Nachbarschaft wird Millie nicht so recht warm. Vor allem, weil Nachbarin Suzett ständig mit ihrem Mann Enzo flirtet. Millies Leben gerät gänzlich aus den Fugen, als plötzlich Suzetts Ehemann ermordet aufgefunden wird und Enzo als erster Tatverdächtiger gilt.
Womit punktet das Buch besonders?
Die Thriller-Reihe ist getrieben von Hochspannung durch viele unvorhersehbare Wendungen und großer psychologischer Raffinesse, sodass ich als Leserin in die fiktive Welt hineingezogen wurde und das Buch nicht mehr aus der Hand legen wollte. Gefallen hat mir persönlich, dass die Thriller kein an den Haaren herbeigezogenes Ende finden, sondern die Autorin sich Gedanken um eine gelungene, logische Auflösung der Geschehnisse gemacht hat.
Wie war das Lesegefühl?
Die Trilogie liest sich leicht und schnell. Die Thriller sind getrieben von Spannung, man wartet nur darauf, endlich hinter alle Geheimnisse zu kommen. Und plötzlich merkt man, dass sich alle Spekulationen, die man hegt, durch Plot-Twists in Luft auflösen und die Geschichte eine ganz andere Wendung nimmt. Der zweite Band hat mir persönlich am wenigsten gefallen, da ich ihn am berechenbarsten fand. Er ähnelt im Aufbau stark dem ersten, bei dem man noch in völliger Ahnungslosigkeit über McFaddens Plot-Twists schwebte. Im zweiten Band konnte ich mir schnell denken, welche Wendung das Geschehen vermutlich nehmen wird. Die komplette Auflösung blieb trotzdem sehr spannend. Ich empfinde es daher auch als sehr erfrischend, dass sich der dritte Teil in der Storyline von den ersten beiden unterscheidet. Das trägt auf jeden Fall zum Spannungserhalt der Reihe bei.
War der Umfang angemessen?
Alle drei Bände sind vom Umfang her - 360 bis 430 Seiten - angemessen. Es werden alle wichtigen Fakten erzählt, alle Details beschrieben, trotzdem wird die Spannung nicht unnötigerweise in die Länge gezogen. Auch hatte ich das Gefühl, dass die Autorin sich die nötige Zeit genommen hat, um das Ende und damit die Auflösung sinnvoll zu gestalten.
Werde ich den Autor und/oder die Thematik weiterverfolgen?
Wenn ich mal wieder Lust auf einen Thriller habe, werde ich auf jeden Fall auch in Freida McFaddens Repertoire stöbern. Außerdem gibt es noch eine Kurzgeschichte über Millies Hochzeit, die zwischen Band 2 und 3 spielt. Diese ist in Deutschland erst nach der Trilogie unter dem Titel „Weil sie dich kennt“ erschienen - und die habe ich noch nicht gelesen. Wird schnellstmöglich nachgeholt!
Wie steht es um das Ehrenamt im Sport?
Starten wir zunächst mit den guten Nachrichten: Weit mehr als acht Millionen Menschen engagieren sich freiwillig oder ehrenamtlich in Deutschlands 86.000 Sportvereinen. Davon rund zwei Millionen ehrenamtlich, also zum Beispiel als Vorstand oder als Trainerin im Verein. 6,3 Millionen Menschen sind freiwillig tätig, also kurzfristig, projektbezogen, zum Beispiel als Aushilfe bei einem Vereinsfest.
Das ist ein Spitzenwert. Zumindest im Vergleich zu anderen Bereichen wie Kultur und Musik, dem sozialen Bereich, der Kirche oder dem Umweltschutz. Nirgendwo anders engagieren sich so viele Menschen in ihrer Freizeit wie beim Sport. Aber: Diese Zahlen sind bereits jetzt zu niedrig. Und sie sinken. Während sich 2014 noch 14,9 Prozent der Über-14-Jährigen im Sportbereich engagierten, ging dieser Anteil bis 2019 auf 13,5 Prozent zurück. In absoluten Zahlen bedeutet das einen Verlust von rund einer Million Engagierten innerhalb von fünf Jahren.
Wer meint, das wäre Meckern auf hohem Niveau, dem seien dazu die Zahlen aus dem aktuellen Sportentwicklungsbericht ans Herz gelegt. Denn befragt nach ihren aktuellen Problemen, nannten in der repräsentativen Umfrage der Deutschen Sporthochschule Köln fast 60 Prozent der Vereine (also hochgerechnet gut 51.000) die Gewinnung und Bindung von ehrenamtlichen Funktionsträger*innen als ihre derzeit größte Sorge. 17,6 Prozent der Vereine (~15.000) gehen noch einen Schritt weiter und sagen, dass der Mangel an Ehrenamt sie in ihrer Existenz bedroht. Das Problem ist also ernst.
Woran hapert es?
Wie DOSB-Vorständin Michaela Röhrbein im Interview deutlich macht, haben die Menschen kein Motivationsproblem, wenn es um das ehrenamtliche Engagement geht. Menschen sind bereit, sich einzubringen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen und die Aufgaben zu ihrer Lebenssituation passen. Vielmehr liegt ein Strukturproblem vor. Vereine und ehrenamtlich Engagierte beklagen zu Recht die hohe Last an Vorgaben und Bürokratie, die sie zu bewältigen haben. Wer sich in einem Sportverein engagiert, der möchte sich um den Sport kümmern und darum, dass der Verein läuft, dass Mitglieder gut betreut und Angebote weiterentwickelt werden. Und nicht um Anträge und die Einhaltung von Vorschriften. Die Realität sieht vielerorts leider anders aus. Das demotiviert die, die bereits aktiv sind, und schreckt diejenigen ab, die es eigentlich gerne werden möchten.
Wie geht es wieder bergauf?
Durch gezielte Maßnahmen, die das Ehrenamt auf der einen Seite entlasten und auf der anderen Seite mehr Wertschätzung für diese wichtige Arbeit zeigen. Mit der Ernennung von Dr. Christiane Schenderlein als erster Staatsministerin für Sport und Ehrenamt ist nicht nur ein wichtiger symbolischer Schritt getan, sondern auch praktisch ändert sich dadurch einiges. So kann Frau Schenderlein sich am Kabinettstisch der Bundesregierung gezielt und ausschließlich den Themen Sport und Ehrenamt widmen und muss sich nicht wie zuvor im Bundesinnenministerium, wo der Sport bisher angesiedelt war, noch mit 20 anderen drängenden Themen beschäftigen.
Mit dem Steueränderungsgesetz 2025 hat die Bundesregierung den Aufschlag zum Bürokratieabbau eingeläutet. Mit dem geplanten Gesetz sollen von 2026 an die steuerfreien Pauschalen für Ehrenamt und Trainer*innen steigen und die Freigrenzen für Vereine erhöht werden, so dass nicht jeder eingenommene Cent genau dokumentiert werden muss. Das hilft den ehrenamtlich Engagierten dabei, sich wieder auf das zu konzentrieren, warum sie dieses Amt ausüben: Um Spaß zu haben (95 Prozent), mit Menschen zusammenzukommen (84 Prozent) und die Gesellschaft mitzugestalten (78 Prozent).
Für Vereine, die neue Ehrenamtliche gewinnen möchten, gilt es, diese gezielt anzusprechen. So liegt etwa in der Boomer-Generation, von denen ein Großteil entweder bald in Rente geht oder es bereits ist, großes Potenzial. Denn das sind Menschen mit Zeit, Kompetenz und viel Erfahrung. Sportvereine sollten mit zielgruppengerechter Kommunikation auf diese Menschen zugehen und versuchen, sie für ein Amt im Verein zu begeistern. Jüngere Menschen dagegen, die durch Beruf und Familie womöglich weniger Freizeit haben, können über kurzfristiges, projektbezogenes Engagement an die Vereinsarbeit herangeführt und somit langsam auf ein längerfristig angelegtes Ehrenamt vorbereitet werden.
Um das Problem langfristig in den Griff zu kriegen, sollte es nicht beim einzelnen Menschen oder Verein gesucht werden. Vielmehr müssen Maßnahmen wie das Steueränderungsgesetz Teil einer umfassenderen Reform sein, die über finanzielle Freibeträge hinausgeht und echte Entlastung schafft. Als DOSB fordern wir dazu auf, langfristiges Engagement zu fördern über gezielte Qualifizierung, Freiwilligendienste und Anerkennungskultur. Wir möchten die Rahmenbedingungen verbessern durch weniger Bürokratie, digitale Unterstützung und verlässliche Strukturförderung.
Aus Studien wissen wir, dass ehrenamtlich Engagierte und Trainer*innen länger dabei bleiben, wenn sie eine entsprechende Qualifizierung über eine DOSB-Lizenz erworben haben. Mit einer Ausbildung in der Tasche fühlt man sich besser gewappnet, sicherer im Umgang mit den vielfältigen Aufgaben und hat mehr Spaß an der Arbeit. Die Qualifizierung von Menschen für ein ehrenamtliches Engagement sollte deshalb noch stärker und gezielter gefördert werden.
Wenngleich freiwillige Helfer auf Vereinsfesten wichtig sind und auch ihre Arbeit Wertschätzung verdient hat, so sind es doch die langfristig engagierten ehrenamtlichen Vorstände und Trainer*innen, die den größten Beitrag dazu leisten, die Sportvereine am Laufen zu halten und weiterzuentwickeln. Sie in den Fokus zu nehmen und auf ihre Bedürfnisse einzugehen, daran müssen wir die politischen Maßnahmen messen. Und das werden wir in unserer Rolle als Dachverband des Sports auch weiterhin tun, um immer das bestmögliche Ergebnis für den Sport und unsere 86.000 Vereine zu erzielen.
Verbandsautonomie: Was das ist und wofür sie gut ist
In einem Beitrag der Sportschau vom Wochenende (28. September) wird die Verbandsautonomie im organisierten Sport anhand der Vorkommnisse im Deutschen Verband für Modernen Fünfkampf (DVMF) adressiert. Dabei wird auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) als Dachverband des deutschen Sports angesprochen. Es wird kritisiert, dass wir bei vermeintlichem Fehlverhalten, Zerwürfnissen oder Problemen in Sportverbänden, die bei uns im DOSB Mitglied sind, untätig seien und nicht eingreifen würden.
Was es damit auf sich hat und was die Verbandsautonomie an Eingriffen erlaubt und was nicht, erklären wir deshalb hier.
DM Armbrust nat. trad. München: Stefan Schauer triumphiert vierfach
„Wir verstehen Ehrenamt als Herzstück der Sportentwicklung“
DOSB: Michaela, der Sportentwicklungsbericht zeigt, dass die Bindung und Gewinnung von ehrenamtlichem Funktionsträger*innen aktuell die größte Herausforderung für Sportvereine darstellen. Welche Sorgen machst du dir darum - und worin liegen dennoch Chancen, diesen Trend aufzuhalten?
Michaela Röhrbein: Die Zahlen sind deutlich: Fast die Hälfte aller Vereine sieht sich aktuell von mindestens einem existenziellen Problem bedroht - und 17,5 Prozent nennen dabei ausdrücklich die Gewinnung und Bindung von ehrenamtlichen Funktionsträger*innen. Besonders besorgniserregend ist der Rückgang junger Ehrenamtlicher um mehr als 20 Prozent seit 2019. Das gefährdet nicht nur die Handlungsfähigkeit, sondern auch die Zukunft unserer Vereinsstrukturen. Dennoch sehe ich Chancen. Unter den Mitgliedern, die bisher nicht aktiv sind, liegt ein beachtliches Engagementpotenzial, das in den vergangenen Jahren sogar gewachsen ist. Dazu kommt die Boomer-Generation - Menschen mit Zeit, Kompetenz und Erfahrung. Gleichzeitig brauchen wir Angebote, die junge Menschen früh einbinden und ihnen Partizipation ermöglichen. Der SEB zeigt außerdem: Vereine sind resilienter, wenn mehr Frauen in den Vorständen vertreten sind. Ihr Anteil ist aber noch zu gering. Und nicht zuletzt stellen auch Menschen mit Migrationsgeschichte eine wichtige Potenzialgruppe dar, die unsere Vereine vielfältiger, innovativer und zukunftsfähiger machen. Wenn wir diese Gruppen gezielt ansprechen, Barrieren abbauen, Engagement einfacher machen und Wertschätzung sichtbar leben, dann ist Ehrenamt nicht Last, sondern macht Spaß und wird zur Quelle von Sinn, Gemeinschaft und persönlicher Entwicklung.
Gleichzeitig gibt es einen andauernden Mitgliederboom in den Sportvereinen und eine große Nachfrage nach Sportangeboten. Wie hängt dies zusammen? Welches ist die größte Hürde, die unsere Mitglieder im Verein daran hindern, sich auch ehrenamtlich und freiwillig einzubringen?
Der Mitgliederboom ist großartig - unsere Vereine wachsen, die Nachfrage nach Angeboten ist hoch. Gleichzeitig verschärft genau das den Druck: Mehr Mitglieder brauchen mehr qualifizierte Übungsleiter*innen und Trainer*innen. Familie, Beruf und Freizeit lassen sich mit einem Ehrenamt oft nur schwer vereinbaren. Hinzu kommen gestiegene Erwartungen: Leitungsaufgaben im Verein sind komplexer geworden - mehr Bürokratie, rechtliche Vorgaben, digitale Anforderungen. Viele empfinden das fast wie einen Nebenjob. Das macht deutlich: Wir haben kein Motivationsproblem, sondern ein Strukturproblem. Menschen sind bereit, sich einzubringen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen und die Aufgaben zu ihrer Lebenssituation passen.
In die Ehrenamtsförderung scheint Bewegung zu kommen, nicht zuletzt durch die Ernennung von Christiane Schenderlein zur Staatsministerin für Sport und Ehrenamt. Was ist aus deiner Sicht die wichtigste Entwicklung der vergangenen Monate?
Die neue Staatsministerin für Sport und Ehrenamt gibt unseren Themen eine Sichtbarkeit, die es so zuvor nicht gab. Sport und Ehrenamt sind jetzt im Kanzleramt verankert und nicht nur, ich überspitze das bewusst, ein Anhängsel von Familien- oder Innenpolitik. Wichtig ist auch der im Koalitionsvertrag angelegte „Zukunftspakt Ehrenamt“, in dem höhere Pauschalen, erweiterte Haftungsprivilegien und Vereinfachungen im Vereins- und Gemeinnützigkeitsrecht angelegt sind. Damit greift die Politik endlich unsere teils jahrelangen Forderungen auf. Entscheidend ist jetzt aber: Es darf nicht bei wohlklingenden Ankündigungen bleiben. Wir brauchen ein umfassendes Paket, aufbauend auf der erarbeiteten Ehrenamtsstrategie der vergangenen Legislatur, und eine Umsetzung, die spürbar bei den Verbänden und Vereinen ankommt und die Engagierten im Alltag unterstützt und wirklich entlastet.
Das geplante Steueränderungsgesetz 2025 setzt erste Maßnahmen aus dem „Zukunftspakt Ehrenamt“ um und bringt Verbesserungen für ehrenamtlich Tätige. Welche konkreten Effekte sind dadurch zu erwarten?
Das Gesetz setzt ein erstes starkes Signal für finanzielle Anerkennung durch die Anhebung der Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale, durch Haftungsschutz, der das persönliche Risiko im Vorstand deutlich reduziert, und durch rechtliche Vereinfachungen im Zuwendungs- und Gemeinnützigkeitsrecht. Für Vorstände und gerade auch für unsere Trainer*innen und Übungsleiter*innen ist das bedeutsam. Sie sind die Bildungsengagierten im Sport - Menschen, die Woche für Woche Wissen vermitteln und Lernprozesse begleiten. Indem wir sie entlasten, steigern wir die Attraktivität des Ehrenamts insgesamt und sichern die Qualität der Angebote. Aber - und das ist entscheidend - es reicht nicht, wenn die Politik einzelne Stellschrauben bewegt. Viele Vereine fühlen sich von Politik und Verwaltung allein gelassen, gerade wenn es um die Bewältigung von Bürokratie geht. Deshalb muss das Steueränderungsgesetz Auftakt sein für eine umfassendere Reform, die über finanzielle Freibeträge hinausgeht und echte Entlastung schafft. Wir haben ein ganzes Bündel an Vorschlägen für weitere konkrete Maßnahmen zusammengestellt, die das Ehrenamt stärken.
Wie kann der DOSB in den kommenden Jahren sicherstellen, dass das Ehrenamt gestärkt, entlastet und für die Zukunft nachhaltig aufgestellt wird?
Wir haben für den Zukunftspakt Ehrenamt eine klares Handlungsprogramm für einen spezifischen „Zukunftspakt Ehrenamt im Sport“ entwickelt. Wir wollen langfristiges Engagement fördern über gezielte Qualifizierung, Freiwilligendienste und Anerkennungskultur. Wir möchten die Rahmenbedingungen verbessern durch weniger Bürokratie, digitale Unterstützung und verlässliche Strukturförderung. Und wir wollen Teilhabe stärken, indem wir Frauen, Menschen mit Behinderung und Menschen mit Migrationsgeschichte gezielt einbinden. Der DOSB wird diese Handlungsfelder mit Projekten füllen und gemeinsam mit Politik, Stiftungen und unseren Mitgliedsorganisationen in die Umsetzung bringen. Wir verstehen Ehrenamt nicht als Nebenschauplatz, sondern als Herzstück der Sportentwicklung. Deshalb darf es nicht bei ersten Schritten bleiben. Wir planen konkret eine Ausbildungsreform für das DOSB-Lizenzsystem mit unseren ausbildenden Mitgliedsorganisationen. Denn wir brauchen flexiblere und zeitgemäße Aus- und Fortbildungen. Zudem müssen Förderprogramme, die wirkungsvoll sind, in nachhaltige Strukturen überführt werden, sonst bleiben sie Stückwerk. Unser Zukunftspakt Ehrenamt im Sport setzt genau hier an: Wir wollen langfristige Verlässlichkeit für die Engagierten schaffen.
Sport. Geschlecht. Gesellschaft im Wandel - zwischen Aufbruch und Backlash
Schon zum Auftakt wurde deutlich: Vielfalt, Gleichstellung und Geschlechtergerechtigkeit sind keine Nischenthemen, sondern zentrale Querschnittsaufgaben - sportpolitisch wie gesellschaftlich. Gerade in Zeiten, in denen demokratische Grundwerte infrage gestellt werden und Frauen sowie marginalisierte Gruppen weiterhin auf begrenzte Räume stoßen, braucht es klare Haltungen. Der organisierte Sport versteht sich dabei als aktiver Motor für Teilhabe und Gleichberechtigung. Trotzdem gelingt der Wandel innerhalb der Verbandsstrukturen häufig nur in kleinen Schritten, insbesondere bei Entscheidungspositionen, die weiterhin ungleich besetzt sind. Dabei zeigt der aktuelle Sportentwicklungsbericht, dass Sportvereine mit Frauen im Vorstand deutlich resilienter und erfolgreicher darin sind, Engagierte zu gewinnen und zu binden. Daher appellierte Michaela Röhrbein, Vorständin Sportentwicklung des DOSB, mit einem Augenzwinkern: „Frauen sind nicht nur Teil der Lösung. Sie sind die Lösung“.
Moderatorin Mara Pfeiffer, die durch den ersten Veranstaltungstag führte, rückte deshalb immer wieder folgende Leitfrage in den Mittelpunkt: Wie können Rollenbilder aufgebrochen und der Sport als Spiegel der Gesellschaft zukunftsfähig und gerecht gestaltet werden?
Wenn Unterschiede stark machen: Keynote zu gesellschaftlicher Spaltung und Resilienz
Ein besonderer Höhepunkt war der Impuls von Dr. Gilda Sahebi, Ärztin, Journalistin und Autorin. Sie beleuchtete eindrücklich die Dynamiken von Polarisierung, gesellschaftlicher Spaltung und sozialen Ungleichheiten - sowohl in Deutschland als auch global - und welche Verantwortung daraus für Sport, Zivilgesellschaft und gesellschaftliches Engagement erwächst. Ihr Appell: „Polarisierung zieht Mauern in eine Gesellschaft ein. Diese Mauern machen es unmöglich, die Realität anderer Menschen zu sehen oder zu verstehen.“ Aktiv zuhören, verstehen, handeln und Räume schaffen, in denen Unterschiedlichkeit nicht als Bedrohung, sondern als Stärke erlebt wird, seien entscheidend für gesellschaftlichen Zusammenhalt. Ergänzend zum Fachforum boten an beiden Tagen praxisorientierte Workshops die Möglichkeit, die andiskutierten Themen in Kleingruppen zu vertiefen - immer mit dem Ziel, konkrete Impulse für die tägliche Arbeit in Vereinen und Verbänden mitzunehmen.
„Polarisierung zieht Mauern in eine Gesellschaft ein. Diese Mauern machen es unmöglich, die Realität anderer Menschen zu sehen oder zu verstehen.“ - Dr. Gilda Sahebi, Ärztin, Journalistin und Autorin
Auf dem Spielfeld und darüber hinaus: Perspektiven aus der Praxis
In der Podiumsdiskussion berichteten Praktiker*innen aus Verbänden und Vereinen von ihren aktuellen Erfahrungen mit Aufbruch und Backlash. Moderiert von Katja Lüke (DOSB), schilderte Fabienne Michel (DFB-Schiedsrichterin) die Fortschritte in der Schiedsrichter*innen-Community der dritten Liga, wies aber zugleich auf den weiteren Entwicklungsbedarf für die Repräsentation von PoC und FLINTA-Personen hin. Safa Semsary (Berliner Fußballverband) stellte das „Ready-Set-Coach“-Programm vor, das Mädchen und FLINTA-Personen beim Einstieg in den Amateurfußball unterstützt und Vorbilder sichtbar macht. Angelika Ribler (Sportjugend Hessen) berichtete vom Umgang mit dem hessischen Genderverbot und betonte, wie wichtig klare Haltungen in aktuellen Debatten sind. Meike Henning (Sportamt Darmstadt) hob die wachsende Bedeutung von Demokratieförderung in Vereinen hervor und unterstrich, dass mehr Frauen in Vorständen sichtbar werden, aber weiterhin kontinuierlich daran gearbeitet werden muss. Die Beiträge zeigten eindrücklich, wie Austausch, Sensibilisierung und klare Haltung die Basis für eine inklusive Sportpraxis bilden.
Neue Strukturen, neue Stärke: Delegierte beschließen wegweisende Anträge
Am zweiten Tag des Fachforums tagte die Konferenz für Frauen, Vielfalt und Geschlechtergleichstellung unter der Versammlungsleitung von Michaela Röhrbein, DOSB-Vorständin Sportentwicklung des DOSB. Zur Begrüßung richtete und DOSB-Vizepräsidentin Verena Bentele authentische Worte an die Delegierte der Mitgliedsorganisationen: „Ich habe einen persönlichen Wunsch: Für die nächsten Jahre wünsche ich mir für uns, dass wir aus Zusammentreffen wie heute mit Inspiration und einem starken Zusammenhalt hinaus gehen. Wichtig ist das Gefühl, dass wir etwas erreicht haben. Denn was wir alle gut gebrauchen können, ist Empowerment und Rückenwind, um unsere Themen in den Strukturen des organisierten Sports und in der Gesellschaft voranzutreiben.“
„Für die nächsten Jahre wünsche ich mir für uns, dass wir aus Zusammentreffen wie heute mit Inspiration und einem starken Zusammenhalt hinaus gehen. Denn was wir alle gut gebrauchen können, ist Empowerment und Rückenwind, um unsere Themen in den Strukturen des organisierten Sports und in der Gesellschaft voranzutreiben.“ - DOSB-Vizepräsidentin Verena Bentele
Mit viel Energie, klaren Haltungen und spürbarer Motivation diskutierten die Delegierten über mehrere Anträge, welche die künftige Arbeit der Konferenz entscheidend prägen werden. Beschlossen wurde eine Amtszeitbegrenzung auf zwei Wahlperioden für das Amt der Sprecher*innen der Konferenz, sowie die Einführung von Stellvertreter*innen für die Sprecher*innen - ein Modell, das Entlastung bringt, die Flexibilität erhöht und niedrigschwellige Einstiege in Strukturen eröffnet. Mit über 80 Prozent der Stimmen wurde der Antrag deutlich bestätigt. Ebenfalls wegweisend: Die Strukturänderung der DOSB-Delegation im Deutschen Frauenrat. Künftig gibt es eine Personalunion aus Sprecher*innen, deren Stellvertreter*innen und der Delegation in den Frauenrat. Zusätzlich wird eine neue Sprecher*in Deutscher Frauenrat als ehrenamtlich Delegationsleitung eingeführt. Dadurch können Kosten gesenkt und Abstimmungsprozesse vereinfacht werden. Vor allem aber ermöglicht die Personalunion eine noch größere Durchschlagskraft, Dank die Synergieeffekte, die sich aus der Zusammenlegung der beiden Ämter ergeben. Neben den Änderungen an der Geschäftsordnung wurde auch beschlossen, ab nächsten Jahr in einer AG partizipativ eine neue Strategie für das Themenfeld zu erarbeiten - ein Signal für Aufbruch und Mut zur Veränderung.
Para-EM Osijek: Fünf deutsche Athleten kämpfen um Medaillen
DSB: Erfolgreicher Workshop in Wiesbaden zur neuen Sport-Software
Sein neues Ziel: Oberbürgermeister von Augsburg werden
Sie hätten der letzte Höhepunkt seiner großartigen internationalen Karriere werden sollen. Doch anstatt im Wildwasserstadion von Penrith, bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney (Australien) Austragungsort der Kanuslalom-Wettbewerbe, durch den 320 Meter langen Kanal zu manövrieren, wird Hannes Aigner wegen einer Verletzung die Weltmeisterschaften, die am vergangenen Sonntag begannen und bis zum 4. Oktober dauern, am Livestream verfolgen. „Angesichts der Zeitverschiebung von acht Stunden weiß ich noch nicht genau, welche Rennen ich live sehen werde. Aber ich freue mich darauf, von daheim mitzufiebern. Ich weiß ja, unter welchem Druck die Athletinnen und Athleten gerade stehen, und es ist okay für mich, das nur aus der Ferne zu verfolgen, anstatt diesen Druck selber zu verspüren“, sagt er.
Der 36-Jährige, das wird im Gespräch rasch deutlich, hat sich abgefunden mit der Tatsache, dass er sich nicht als internationaler Wettkämpfer von seinem geliebten Kanusport verabschieden kann. Das selbst gewählte Karriereende, das er in der vergangenen Woche offiziell bekannt gegeben hatte, fühlt sich richtig an für den langjährigen Team-Deutschland-Athleten, der seine größten Erfolge mit den bei den Olympischen Spielen 2012 in London und 2021 in Tokio gewonnenen Bronzemedaillen im Kajak-Einer feiern durfte. Beim Weltcupfinale Anfang September im Eiskanal seiner Heimatstadt Augsburg hatte er noch das komplette Rennprogramm bestritten. „Damals stand noch nicht fest, dass ich meine Karriere beenden würde. Natürlich hätte ich mich gern gebührend von den Fans und der Konkurrenz verabschiedet, aber im Nachhinein bin ich dankbar dafür, mein letztes Rennen vor heimischem Publikum bestritten zu haben“, sagt er.
Seine Stelle als Sportsoldat läuft zum Jahresende aus
Die Entscheidung, sich aus dem Leistungssport zurückzuziehen, hat Hannes Aigner selbstverständlich nicht ad hoc getroffen. Dazu ist er ein viel zu bedächtiger Mensch; einer, der sich schon seit längerer Zeit Gedanken darüber gemacht hatte, womit er die Lücke füllen könnte, die der endgültige Ausstieg aus dem zu einem wichtigen Lebensinhalt gewordenen Kanu reißen würde. „Mir ist bewusst, dass es nicht einfach werden wird, etwas zu finden, das mir so viel Freude macht und mich gleichzeitig so herausfordert und beruflich erfüllt wie der Leistungssport“, sagt er. Aber weil sein Dienstverhältnis als Zeitsoldat in der Sportfördergruppe der Bundeswehr zum Jahresende abläuft, war ihm klar, dass er seine Karriere nicht fortführen kann.
„Leistungssport macht man ganz oder gar nicht, und es würde einfach keinen Sinn ergeben, wenn ich ohne die finanzielle Absicherung als Sportsoldat weiter alles in den Sport investieren würde“, sagt der Vater zweier drei und sechs Jahre alter Söhne. Körperlich traue er sich zwar durchaus noch zu, mit der Weltelite mitzuhalten. „Aber noch einmal drei Jahre bis zu den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles durchzuziehen, mit ausgeprägter Reisetätigkeit und ohne finanzielle Sicherheit, das wollte ich mir und der Familie nicht mehr antun.“ Also weihte er, bevor er die Nachricht in die Öffentlichkeit hinaustrug, wichtige Wegbegleiter wie die Familie, Freunde, Verein, Verband und Sponsoren in seine Entscheidung ein. „Das Echo, das ich bekommen habe, war durchweg positiv. Natürlich bedauern viele, dass ich nicht mehr für Deutschland antrete, aber das Verständnis für den Schritt ist groß.“
Klein dagegen ist die Sorge darum, Hannes Aigner könnte künftig unter Langeweile leiden müssen. Schließlich hat der gebürtige Augsburger ein gewaltiges neues Ziel vor Augen. Am 8. März kommenden Jahres möchte er bei der Kommunalwahl gegen Amtsinhaberin Eva Weber (CSU) antreten, um Oberbürgermeister der mit gut 300.000 Einwohnern drittgrößten Stadt Bayerns zu werden. Es ist sein nächster großer Wettkampf, den er im Team der Freien Wähler bestreiten wird. Ein politisch interessierter Mensch sei er schon lange, ein politisches Amt wäre Neuland für ihn. „Selbstverständlich habe ich großen Respekt vor dieser Aufgabe. Aber ich lebe schon sehr lange in Augsburg, bin nah an den Menschen und habe einige Ideen dafür, wie wir die Stadt voranbringen können“, sagt er. Dabei sehe er keineswegs den Sport als sein wichtigstes Fachgebiet. „Dank unserer Kinder beschäftige ich mich auch mit wichtigen Themen wie Kindergarten, Schule und Familie“, sagt er.